Weinrache by Susanne Kronenberg

Weinrache by Susanne Kronenberg

Autor:Susanne Kronenberg [Kronenberg, Susanne]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-01-19T16:00:00+00:00


20

Sonntag, der 27. August

Die Männer hatten die Gesichter geschwärzt. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie, dass sie dunkle Wollmützen trugen; mit Schlitzen darin für Augen, Mund und Nase. Ihre Kleidung war die olivgrüne Uniform der Guerilla. Über der Brust hing jedem Kämpfer ein gekreuzter Gürtel, gespickt mit Patronen, und über der Schulter baumelte eine Maschinenpistole. Sie schlichen heran, umzingelten sie und rückten enger auf, bis sich eine unerwartete Lücke auftat und aus der Leere der Mönch erschien. Auch er trug eine schwarze Maske unter der Kapuze, doch nein, als er an sie heranrückte, begriff sie, dass dort gar kein Gesicht war. Nur ein abgrundtiefes Loch. Sie wollte schreien, aber ihre Lippen waren verklebt. Sie bekam den Mund nicht auf, als der Mönch den Arm hob und mit einer Pistole auf ihre Stirn zielte. Der Schluss dröhnte wie ein Donnerschlag.

Sie erwachte schweißüberströmt und brauchte einen Augenblick, um sich zurechtzufinden. Sie lag angekleidet auf ihrem Bett. Die Zeiger der Armbanduhr standen auf sechs. Hatte sie die Nacht durchgeschlafen? Über dem Dachfenster zuckten die Blitze. Es donnerte erneut, und ein Wasserschwall schwappte gegen die Scheibe. Norma setzte sich aufrecht und kam zu dem Schluss, dass es Abend war. Sonntagabend. Sie wollte sich nur eine Viertelstunde ausruhen und war dabei eingeschlafen. Davor hatte sie sich mit dem Sonnengruß beschäftigt und überlegt, während sie sich bemühte, den Bewegungsablauf und die Atmung zu koordinieren und mit den Anweisungen im Buch zu vergleichen, ob sie nicht besser einen Yogakurs besuchen sollte.

Verwirrt blieb sie auf der Bettkante sitzen. Sie fühlte sich wie zerschlagen. Seit Monaten hatte sie nicht mehr von den Kapuzenmännern geträumt. Nun waren sie zurückgekehrt und hatten den geisterhaften Mönch mitgebracht, den sie die Arbeit machen ließen. Hieß das, alles würde von vorn anfangen? Die Schlaflosigkeit und die Albträume, und sie konnte nicht sagen, was quälender war: die Sehnsucht nach Schlaf oder die Angst vor den Träumen. Damals hatte sie sich eingestehen müssen, dass sie dem Polizeidienst nicht mehr gewachsen war. Sie wollte zur Polizei, seit sie als zehnjährige Zeugin einen Bankräuber beschreiben konnte. Sie hatte ihn aus dem Auto heraus beobachtet, und kurz darauf wurde der Mann gefasst. Wie viel ihre Angaben dazu beigetragen hatten, wusste sie nicht. Aber sie erinnerte sich genau an das Gefühl, von fremden Erwachsenen ernst genommen zu werden. Man fragte nach, hörte ihr zu, brachte Schokolade. Und dann das lebhafte Treiben in den Büros! Das Schrillen der Telefone überall. Die Uniformierten auf den Gängen. Das war eine aufregend neue Welt für ein Mädchen, in dessen Elternhaus das Schweigen regierte, seit der Vater tot war. Mit den ersten Berufsjahren kehrte Ernüchterung ein, aber ihre Liebe zu dem Beruf blieb. Nach der Entführung, die sie ohne körperliche Verletzungen überstand, hielt sie auf einmal die Hierarchien nicht mehr aus. Sie ertrug es nicht, an Befehle und Verordnungen gebunden zu sein. Immer wieder befiel sie die Panik, ersticken zu müssen, wenn sie längere Zeit in Besprechungen verbrachte. Mit dem Entschluss, den Dienst zu beenden, verloren sich die Angstattacken.

Arthur hatte unermüdlich auf sie eingeredet. Eine Kriminalkommissarin,



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